GÜLTIGKEIT VON RÜCKZAHLUNGSVEREINBARUNGEN BEI AUS- UND WEITERBILDUNGEN
MLaw Kim Wysshaar, Rechtsanwältin
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Regelmässige Aus- und Weiterbildungen liegen nicht nur im Interesse der Arbeitnehmenden, sondern auch im Interesse der Arbeitgeberin. Durch regelmässige Aus- und Weiterbildungen werden die jeweiligen Arbeitnehmenden auf den aktuellsten Wissensstand gebracht, was sich regelmässig auch positiv auf das Unternehmen auswirkt. Heutzutage werden die Kosten für Aus- und Weiterbildungen deshalb oft von der Arbeitgeberin übernommen. Im Gegenzug hierfür verpflichten sich die Arbeitnehmenden für eine bestimmte Dauer bei der Arbeitgeberin zu verbleiben. Scheiden sie vor Ablauf der vereinbarten Dauer aus dem Unternehmen aus, sind die von der Arbeitgeberin übernommenen Kosten dann in der Regel zurückzubezahlen. Solche Vereinbarungen sind in der Praxis zwar weit verbreitet, aber nicht immer gesetzeskonform. Der vorliegende Newsletter soll aufzeigen, für welche Aus- und Weiterbildungen eine Rückzahlungspflicht vereinbart werden kann und wie die Rückzahlungsmodalitäten ausgestaltet sein müssen, damit diese gerichtlich durchsetzbar sind.
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I. AUS- UND WEITERBILDUNGSKOSTEN ALS NOTWENDIGE AUSLAGEN IM SINNE VON ART. 327a OR?
Je nach Aus- oder Weiterbildung ist die Arbeitgeberin verpflichtet, die Kosten dafür vorbehaltlos zu übernehmen. Hierfür wir in einem ersten Schritt zwischen Ausbildungen, die der Einarbeitung und solchen, die der Weiterbildung dienen, unterschieden. Im Gegensatz zur Einarbeitungsausbildung, welche sich auf eine bestimmte Arbeitgeberin oder auf ein bestimmtes Produkt beschränkt, verschafft eine generelle Weiterbildung in der Regel auch Vorteile bei anderen Arbeitgeberinnen. Kosten, die für Ausbildungen im Rahmen einer normalen Einarbeitung anfallen, sind als notwendige Auslagen im Sinne von Art. 327a OR zu qualifizieren und die Arbeitgeberin ist verpflichtet, diese vollständig zu übernehmen. Für eine Ausbildung im Sinne einer Einarbeitung sprechen beispielsweise das Fehlen eines bestimmten (auch ausserhalb des Betriebs der Arbeitgeberin anerkannten) Diploms bei Abschluss der Ausbildung, eine kurze Ausbildungsdauer und eine geringe Verwertbarkeit des Erlernten auf dem Arbeitsmarkt.
Die von der Arbeitgeberin übernommenen Kosten für notwendige Aus- und Weiterbildungen können aufgrund von Art. 327a OR von den Arbeitnehmenden in keinem Fall zurückverlangt werden und entsprechende Vereinbarungen sind nicht durchsetzbar. Dabei gilt allgemein, dass Aus- und Weiterbildungen nur als notwendig im Sinne von Art. 327a OR zu qualifizieren sind, wenn sie von der Arbeitgeberin angeordnet wurden. Aus- und Weiterbildungen, welche lediglich als wünschenswert angesehen werden oder deren Besuch während der Arbeitszeit erlaubt wird, gelten nicht als notwendig.
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II. GÜLTIGKEIT VON RÜCKZAHLUNGSVERPFLICHTUNGEN
Die Kosten für Aus- und Weiterbildungen, welche nicht der Einarbeitung von Arbeitnehmenden dienen und von der Arbeitgeberin auch nicht angeordnet wurden, sind somit grundsätzlich von den Arbeitnehmenden zu tragen. Erklärt sich die Arbeitgeberin bereit, die Aus- und Weiterbildungskosten dennoch zu übernehmen, können diese unter bestimmten Voraussetzungen von den Arbeitnehmenden zurückverlangt werden.
Als zulässige Bedingungen, welche die Rückzahlung auslösen, wurden beispielsweise der Ausbildungsabbruch oder das Nichtbestehen einer Prüfung angesehen. In der Praxis wird die Rückzahlungspflicht sodann häufig durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses während eines bestimmten Zeitraums nach Abschluss der Aus- / Weiterbildung vereinbart. Die Pflicht zur Rückzahlung der übernommenen Kosten darf aber insbesondere die persönliche Freiheit der Arbeitnehmenden nicht übermässig einschränken. Entsprechend ist die Rückzahlungspflicht zeitlich zu befristen. Als zulässig erachtet wurde dabei eine Rückzahlungspflicht während dreier Jahre pro rata temporis nach Ausbildungsende. Zudem muss die Rückzahlungspflicht degressiv ausgestaltet sein, d.h. gegen Ende der Verpflichtungszeit muss sich der zurückzuzahlende Betrag verringern. Begründet wird dies auch damit, dass die Arbeitgeberin nach Abschluss der Aus- bzw. Weiterbildung bereits für einen gewissen Zeitraum von dieser profitieren konnte.
Bei Kündigungen durch die Arbeitgeberin fällt eine Rückzahlungspflicht Aufgrund der Kündigungsfreiheit sodann in der Regel dahin. Geben die Arbeitnehmenden zur Kündigung jedoch einen begründeten Anlass, z.B. bei schweren Verstössen gegen die allgemeine Treuepflicht, sind die Kosten dennoch zurückzuzahlen. Ebenfalls zur Rückzahlung verpflichtet werden, können Arbeitnehmende, die das Arbeitsverhältnis von sich aus kündigen, ohne dass die Arbeitgeberin dazu einen begründeten Anlass gegeben hat. Die Rechtsprechung stellt hierzu auf die Regelung zum Dahinfallen eines Konkurrenzverbotes nach Art. 340c Abs. 2 OR und die dazugehörige Rechtsprechung ab (vgl. hierzu auch den Newsletter von Dr. Stephan Fröhlich zum Konkurrenzverbot vom 22.04.2015, Ziff. II. 5).
Will die Arbeitgeberin die übernommenen Kosten zurückverlangen, empfiehlt es sich, mit den Arbeitnehmenden eine schriftliche Rückzahlungsvereinbarung bzw. Aus- und Weiterbildungsvereinbarung zu treffen. Die Schriftlichkeit bildet zwar keine Gültigkeitsvoraussetzung, dient aber der besseren Beweisbarkeit. Nach herrschender Lehre ist eine allfällige Aus- und Weiterbildungsvereinbarung zudem vor Abschluss der Aus- bzw. Weiterbildung zu treffen.
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III. AUS- UND WEITERBILDUNGSZEIT ALS ARBEITSZEIT
Nach Art. 13 der Verordnung Nr. 1 zum Arbeitsgesetz gilt Aus- und Weiterbildungszeit dann als Arbeitszeit, wenn sie vom Arbeitgeber ausdrücklich angeordnet wurde oder, weil der Arbeitnehmende sich von Gesetzes wegen weiter- oder fortbilden muss. In allen übrigen Fällen, d.h. wenn die Ausbildung für die Arbeitgeberin lediglich wünschenswert ist, gilt die dafür aufgewendete Zeit nicht als Arbeitszeit. Demzufolge ist es ratsam, nicht nur die Modalitäten zur Rückerstattungspflicht der effektiven Aus- und Weiterbildungskosten schriftlich festzuhalten, sondern sich vorab auch über die für die Aus- und Weiterbildung erforderliche Arbeitszeit zu einigen.
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IV. FAZIT
Die Bezahlung von Aus- und Weiterbildungen durch die Arbeitgeberin hat sowohl für die Arbeitnehmenden als auch für die Arbeitgeberin Vorteile. So können Arbeitgeberinnen mittels Weiterbildungsvereinbarungen ihre Arbeitnehmenden langfristig binden und entsprechend von ihrem erlernten Wissen profitieren. Vor Übernahme der Kosten einer entsprechenden Aus- und Weiterbildung empfiehlt es sich, eine schriftliche Aus- und Weiterbildungsvereinbarung zur Regelung der allfälligen Rückzahlung zu treffen. Zu berücksichtigten ist hierbei, dass die Kündigungsfreiheit der Arbeitnehmenden durch die vereinbarte Rückzahlungspflicht nicht übermässig eingeschränkt wird, ansonsten die Rückzahlungspflicht dahinfällt bzw. nicht durchsetzbar ist.
25. Januar 2023 / MLaw Kim Wysshaar
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