Lex Koller: Von der Finanzierung eines Grundstückerwerbsgeschäftes zur ausländischen Beherrschung

Dr. iur. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt

Im BewG und in der dazugehörigen Verordnung (BewV) befinden sich zwei Bestimmungen, die zum Teil miteinander verwechselt bzw. zumindest nicht genau auseinandergehalten werden. Dies kann dazu führen, dass falsche Schlussfolgerungen gezogen werden, was zu sehr unangenehmen Konsequenzen führen kann. In der Folge sollen die beiden Bestimmungen kurz dargestellt und einander gegenübergestellt werden. Zudem soll ein Missverständnis geklärt werden.
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II. Das Grundstückerwerbsgeschäft gemäss BewG
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In Art. 4 BewG wird aufgelistet, was als Erwerb eines Grundstücks gilt. Wichtig in diesem Zusammenhang ist insbesondere auch Art. 4 Abs. 1 lit. g BewG, indem der «Erwerb anderer Rechte, die dem Erwerber eine ähnliche Stellung wie dem Eigentümer eines Grundstückes verschaffen», ebenfalls zu den Grundstückerwerbsgeschäften gehört. In Art. 1 BewV werden solche Rechtsgeschäfte aufgezählt. Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. b BewV gilt als Erwerb eines Grundstücks unter anderem auch «die Finanzierung des Kaufes oder der Überbauung eines Grundstückes, wenn die Abreden, die Höhe der Kredite oder die Vermögensverhältnisse des Schuldners den Käufer oder Bauherrn in eine besondere Abhängigkeit vom Gläubiger bringen». Gemäss heutiger Praxis kann davon ausgegangen werden, dass die Finanzierung von
Grundstückerwerbsgeschäften dann nicht der Bewilligungspflicht unterliegt, wenn in der Regel maximal 80 % des Kaufpreises eines Grundstücks von Drittpersonen finanziert werden; eine Bewilligungspflicht ist bei einer solchen Finanzierung in der Regel nicht gegeben, was wiederum bedeutet, dass auch eine Person im Ausland ein solches Finanzierungsgeschäft tätigen kann und darf. Dies ist der Grundsatz, auf spezielle Situationen muss und kann hier nicht eingegangen werden. Folgendes ist klarzustellen: Dieses Finanzierungsgeschäft ist ein Geschäft im Rahmen ausschliesslich der objektiven Bewilligungspflicht, also der Frage, ob ein bestimmtes Erwerbsgeschäft der Bewilligungspflicht unterliegt oder nicht.
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III. Die beherrschende Stellung gemäss BewG
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In Art. 5 BewG wird aufgelistet, wer als Person im Ausland gilt. Wichtig in diesem Zusammenhang ist Art. 5 Abs.1 lit. c BewG, wo festgehalten wird, dass als Person im Ausland auch gilt eine juristische Person oder vermögensfähige Gesellschaft ohne juristische Persönlichkeit, die zwar den statutarischen und tatsächlichen Sitz in der Schweiz hat, in denen Personen im Ausland aber eine beherrschende Stellung innehaben. Wenn dies erfüllt ist, gilt diese juristische Person oder vermögensfähige Gesellschaft als Person im Ausland. In Art. 6 BewG wird im Einzelnen konkretisiert, wann eine solche beherrschende Stellung vorliegt. Eine Person im Ausland hat dann eine beherrschende Stellung inne, wenn sie «aufgrund ihrer finanziellen Beteiligung, ihres Stimmrechtes oder aus anderen Gründen allein oder gemeinsam mit anderen Personen im Ausland die Verwaltung oder Geschäftsführung entscheidend beeinflussen kann». Dabei wird eine ausländische Beherrschung dann gesetzlich vermutet, wenn bestimmte in diesem Artikel aufgezählte Voraussetzungen vorhanden sind, z. B. Ausländer mehr als einen Drittel des Aktien-, Stamm -oder Genossenschaftskapitals besitzen, oder wenn sie über mehr als einen Drittel der Stimmen in der General- oder Gesellschafterversammlung verfügen. Insbesondere gilt die gesetzliche Vermutung, dass eine beherrschende Stellung vorliegt, auch dann, wenn der juristischen Person rückzahlbare Mittel zur Verfügung gestellt werden, die mehr als die Hälfte der Differenz zwischen den Aktiven der juristischen Person und ihren Schulden gegenüber nicht bewilligungspflichtigen Personen ausmachen. Es handelt sich hier um eine recht kompliziert scheinende Definition, die aber relativ einfach ist. Ausgangslage sind die Aktiven der juristischen Person. Und jetzt ist danach zu fragen, wie die Passiven sich zusammensetzen: in der Regel aus Eigenkapital, Schulden gegenüber nicht bewilligungspflichtigen Personen und Schulden gegenüber bewilligungspflichtigen Personen. Nun ist festzustellen, wie gross die Differenz zwischen den Aktiven der juristischen Person und den Schulden gegenüber nicht bewilligungspflichtigen Personen ist. Dabei dürfen die Schulden gegenüber der bewilligungspflichtigen Person (also dem Ausländer) nicht grösser sein als die Hälfte dieser genannten Differenz.
Folgendes Gilt:

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IV. Gesetzliche Vermutung
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Wenn die gesetzliche Vermutung vorliegt, besteht die Möglichkeit, den Beweis des Gegenteils zu erbringen, mit anderen Worten den Beweis zu erbringen, dass trotz vermuteter ausländischer Beherrschung tatsächlich eine solche ausländische Beherrschung nicht besteht – diesen Beweis zu erbringen ist sehr schwierig. In der Regel ist die Sache schon « gegessen», wenn die gesetzliche Vermutung eintritt.
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V. Beherrschende Stellung
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Wenn nun die Situation eintritt, dass bei einer juristischen Person die Fremdmittel so erheblich sind, dass eine beherrschende Stellung vorliegt, dann gilt diese ausländisch beherrschte juristische Person als Person im Ausland, was wiederum bedeutet, dass diese juristische Person, da sie eben ausländisch beherrscht ist, in der Folge in dem Sinne der subjektiven Bewilligungspflicht unterliegt, als sie in Zukunft bei Grundstückerwerbsgeschäften eine Bewilligung braucht ( wobei eine Bewilligung in solchen Fällen sehr oft gar nicht erhältlich ist).
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VI. Die „Krux“ bei solchen Konstellationen
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Nun ist es oft der Fall, dass juristische Personen, die auf dem Grundstücksmarkt sehr aktiv sind, regelmässig von den gleichen Personen Finanzierungen erhalten. Wenn nun diese Personen, die der schweizerischen Gesellschaft regelmässig Finanzierungen für Grundstückerwerbsgeschäfte zur Verfügung stellen (wobei diese Finanzierungen je für sich betrachtet absolut unverdächtig sind, indem die üblichen Belastungsgrenzen eingehalten werden, und also das Finanzierungsgeschäft für sich betrachtet nicht der Bewilligungspflicht unterliegt), kann ein erhebliches Problem eintreten mit der Folge, dass «Gefahr» von der Lex Koller droht. Dies ist dann der Fall, wenn die ausländische Person (allein oder mit anderen Ausländern zusammen) immer wieder höhere Finanzierungen im Zusammenhang mit Grundstückerwerbsgeschäften leistet. Dann kann sich die Situation ergeben, dass diese Personen im Ausland durch ihre Finanzierungsgeschäfte schweizerischen juristischen Person so hohe rückzahlbare Mittel zur Verfügung stellen, dass gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. d BewG diese bisher schweizerische Gesellschaft durch die ausländischen Mittel zur ausländisch beherrschten Gesellschaft wird, mit anderen Worten eine Person im Ausland wird und für weitere Grundstückerwerbsgeschäfte der (subjektiven) Bewilligungspflicht unterliegt.
VII. SCHLUSSBEMERKUNG
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Die objektive Bewilligungspflicht und die subjektive Bewilligungspflicht müssen scharf auseinandergehalten werden. Es existieren zwei unterschiedliche Bestimmungen des BewG, die sich gegenseitig in die Quere kommen können. Ein grundsätzlich nicht der Bewilligungspflicht unterliegendes Finanzierungsgeschäft darf hier nicht einfach isoliert betrachtet werden, sondern solche Finanzierungsgeschäfte (und insbesondere eine Aneinanderreihung von solchen Finanzierungsgeschäften, die für sich betrachtet nicht der Bewilligungspflicht unterliegen), können in der Gesamtheit dazu führen, dass die (ehemals) schweizerische juristische Person plötzlich zu einer ausländisch beherrschten Person und damit zu einer Person im Ausland wird, welche für zukünftige Grundstückerwerbsgeschäfte der Bewilligungspflicht unterliegt. Es dürfen also diese Grundstückfinanzierungen durch Personen im Ausland nicht isoliert betrachtet werden, sondern müssen darauf getestet werden, ob nicht plötzlich die subjektive Bewilligungspflicht durch eine ausländische Beherrschung entsteht, was fatale Folgen haben kann.
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25. Februar 2025 / Hanspeter Geissmann