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ANERKENNUNG AUSLÄNDISCHER EHESCHEIDUNGEN

Dr. iur. Gesine Wirth-Schuhmacher, Rechtsanwältin

Dr. iur. Gesine Wirth-Schuhmacher, Fachanwältin SAV Familienrecht bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

I. AUSGANGSLAGE

Immer öfter werden binationale Ehen geschlossen, was sich selbstverständlich auch in der Anzahl der Scheidungen niederschlägt. Allein in der Europäischen Union liegt die Anzahl der Scheidungen mit Auslandsbezug bei rund 170’000 pro Jahr, was einem Anteil von 16 % aller Scheidungen entspricht. Neben vielen rechtlichen Fragen, welche einer Scheidung eines Paares unterschiedlicher Nationalität vorausgehen, wie beispielsweise, welches Recht anwendbar ist und welche Gerichte zuständig sind, stellt sich die Frage, ob nach der Scheidung weitere Massnahmen veranlasst werden müssen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass Auslandsscheidungen nach den allgemeinen Grundsätzen nur in demjenigen Land unmittelbare Rechtswirkung entfalten, in welchem sie ergangen sind. Dementsprechend ist daran zu denken, dass eine beispielsweise in der Türkei ausgesprochene Scheidung eines schweizer Bürgers, der mit einer türkischen Staatsbürgerin verheiratet war, in der Schweiz anerkannt werden muss, damit die Ehegatten auch in der Schweiz rechtskräftig geschieden sind.

II. RECHTSLAGE

Die Frage, ob eine im Ausland ergangene Scheidung im Rahmen eines separaten Verfahrens anzuerkennen ist, um Rechtswirkung zu entfalten, wird in jedem Staat anders beurteilt und muss vor diesem Hintergrund für das jeweils betreffende Land abgeklärt werden. Für die Schweiz bzw. Deutschland gilt das Nachfolgende:

1. In der Schweiz
1.1
Ausländische Scheidungsurteile werden in der Schweiz gemäss Art. 65 IPRG anerkannt, wenn:

  • die Zuständigkeit der Gerichte oder Behörden des Staates in dem die Entscheidung ergangen ist, begründet war,
  • gegen die Entscheidung kein ordentliches Rechtsmittel mehr geltend gemacht werden kann oder wenn sie endgültig ist, und
  • wenn kein Verweigerungsgrund im Sinne des Art. 27 IPRG vorliegt.

Sofern diese Voraussetzungen gegeben sind, werden ausländische Scheidungsurteile in der Schweiz immer dann anerkannt, wenn sie im Staat des Wohnsitzes, des gewöhnlichen Aufenthalts oder im Heimatstaat eines der Ehegatten ergangen sind. Gleiches gilt für den Fall, wenn die Scheidung in einem der zuvor genannten aufgezählten Staaten aufgrund der dortigen Gesetzgebung oder verbindlicher Staatsverträge anerkannt wird (Art. 65 Abs. 1 IPRG).

1.2

An die Anerkennung sind folglich nur geringe Anforderungen gestellt. Vorbehalten bleiben allerdings spezifische Anerkennungsverweigerungsgründe des schweizerischen IPRG. Eingeschränkt wird die grosszügige Anerkennungspraxis gemäss Art. 65 Abs. 2 IPRG bei Staaten, dem keiner oder nur der klagende Ehegatte angehört. In derartigen Fällen gelingt eine Anerkennung in der Schweiz nur, wenn a) im Zeitpunkt der Klageeinleitung wenigstens ein Ehegatte in diesem Staat Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte und b) der beklagte Ehegatte seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte und c), der beklagte Ehegatte sich der Zuständigkeit des ausländischen Gerichts vorbehaltlos unterworfen hat oder wenn der beklagte Ehegatte mit der Anerkennung der Entscheidung der Schweiz einverstanden ist.

1.3

Die einschlägigen Normen des IPRG beschränken sich ausschliesslich auf die Anerkennung des Scheidungspunktes. Ob zudem auch die in einer Scheidung geregelten Nebenfolgen anerkannt werden, beurteilt sich nach separaten Regelungen, wobei das IPRG nur dann zur Anwendung gelangt, wenn für das betreffende Land eine entsprechende Regelung nicht ratifiziert wurde.

2. In Deutschland
2.1

Auch in Deutschland besteht der Grundsatz der Anerkennung.

Deutschland setzt für die Anerkennung ausländischer Ehescheidungen ein sogenanntes Antragsverfahren voraus, wonach die Landesjustizverwaltung festzustellen hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen, §107 FamFG. Von dieser Voraussetzung gibt es Ausnahmen, nämlich wenn es sich um ein sogenanntes Heimatstaatsverfahren handelt. Ein solches liegt vor, wenn beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Scheidung dem Staat angehört haben, in dem die Entscheidung ergangen ist. Die Scheidung von in der Schweiz lebenden Auslandsdeutschen muss dementsprechend dann nicht von der Landesjustizverwaltung anerkannt werden, wenn die Ehegatten über eine schweizerische Staatsangehörigkeit verfügen. Des Weiteren sind internationale Ehescheidungen in Europa vom Anerkennungsgrundsatz ausgeschlossen oder fallen nur begrenzt in die Anerkennungspflicht.

Zu berücksichtigen ist, dass die Anerkennung der in einem Scheidungsurteil oftmals enthaltenen Nebenfolgen nicht von § 107 FamfG erfasst ist. Die Anerkennung solcher Entscheidungen über die Nebenfolgen einer Scheidung kann erst ausgesprochen werden, wenn festgestellt ist, dass die Entscheidung über die Ehe selbst im Inland anzuerkennen ist. Folglich beschränkt sich die Anerkennung ausschliesslich auf den Scheidungspunkt, sodass eine neue Eheschliessung möglich wird. Die Nebenfolgen bedürfen einer separaten Anerkennung, welche nicht durch die Landesjustizverwaltung vorgenommen wird.

Es steht jedem Staat frei, sofern er nicht an Staatsverträge gebunden ist, die Anerkennung ausländischer Hoheitsakte und damit auch ausgesprochener Scheidungen anzuerkennen oder nicht. So sieht beispielsweise Deutschland gemäss § 108 FamFG keine formalen Anerkennungsvoraussetzungen bei anderen Entscheidungen vor, mithin werden abgesehen von Entscheidungen in Ehesachen ausländische Entscheidungen anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.

Zu berücksichtigen ist, dass antragsberechtigt für die Anerkennung eines Scheidungsurteils nicht nur die betroffenen Ehegatten selbst, sondern auch diejenigen Personen sind, die an der Klärung der rechtmässigen Scheidung in Deutschland ein rechtliches Interesse haben. In Betracht kommen hierfür insbesondere die Verlobte bzw. der spätere Ehegatte oder aber auch Erben. Darüber hinaus ist in Deutschland des Weiteren die Rentenversicherungsanstalt zur Antragstellung berechtigt.

2.2

Zuständig für die Anerkennung eines ausländischen Scheidungsurteils ist – wie oben erwähnt – die Justizverwaltung desjenigen Bundeslandes, in dem einer der ehemaligen Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Sollte keiner der Ehepartner seinen Aufenthalt in Deutschland haben, aber einer der geschiedenen Ehegatten möchte dennoch eine Ehe eingehen, so richtet sich die Zuständigkeit danach, in welchem Bundesland die Ehe geschlossen werden soll. Hat keiner der ehemaligen Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und ist in Deutschland auch keine Eheschliessung geplant, ist für den Antrag die Senatsverwaltung für Justiz in Berlin zuständig.

2.3

Vorzulegen sind bei der Antragstellung das Scheidungsurteil mit Rechtskraftvermerk, die Heiratsurkunde der aufgelösten Ehe, der Nachweis der Staatsangehörigkeit der Geschiedenen und die Übersetzung eines vereidigten Übersetzers sämtlicher fremdsprachlicher Urkunden. Teils werden weitergehende Urkunden wie Verdienstnachweise eingefordert, um die Kosten des Anerkennungsverfahrens festzulegen, welche nach Aufwand und Ermessen massiv schwanken.

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4. Mai 2018 / Dr. iur. Gesine Wirth-Schuhmacher

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