AUSWIRKUNGEN VON CORONA-MASSNAHMEN AUF DIE MIETZINSE VON GESCHÄFTSMIETERN – neuer Entscheid des Zivilgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 28. Januar 2022
MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin
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Die Ungewissheit für Geschäftsmieter und –vermieter, inwiefern sich die behördlich verordneten Massnahmen, namentlich die Betriebsschliessungen während der Lockdowns, auf die Mietzinszahlungspflicht des Mieters auswirken, hält an.
Im Nachgang an meinen Newsletter vom 13. August 2021, in welchem der Entscheid zu diesem Thema vom Mietgericht Zürich behandelt wurde, beziehe ich mich nachfolgend auf einen neuen Entscheid des Zivilgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 28. Januar 2022 mit neuen Erkenntnissen.
Der erwähnte Entscheid des Mietgerichts Zürich wurde zwar von der Mieterin angefochten. Die Parteien schlossen jedoch während des Berufungsverfahrens am Obergericht einen Vergleich, weshalb das Gericht das Verfahren abschreiben konnte.
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I. SACHVERHALT / GRUNDLAGE URTEIL BASEL-STADT
Die Parteien schlossen einen Geschäftsmietvertrag mit einer Gesamtfläche von 540 m2 und 148 Sitzplätzen ab. Gemäss Mietvertrag dient das Objekt zum Betrieb eines Schnellimbiss-Restaurants oder eines gleichwertigen Betriebs und darf auch nur für den Betrieb eines solchen genutzt werden. Aufgrund des behördlich verordneten Lockdowns infolge Corona-Pandemie wurde der Betrieb von Restaurants vom 16. März 2020 bis am 11. Mai 2020 verboten. Take-Away-Betriebe blieben erlaubt. Die Mieterin beantragte vor Gericht für diese Zeit eine 100%- ige Herabsetzung des Mietzinses für die Zeit des Betriebverbotes.
Die Mieterin machte einen Mangel geltend. Sie begründete, dass für den Take-Away-Betrieb lediglich ein kleiner Teil, namentlich 90m2 der gemieteten 540m2, notwendig gewesen seien. Weit über 90% des Nettomietzinses würden für den Restaurant-Betrieb aufgewendet. Ohne Umsatz aus dem Restaurant-Betrieb sei ein gewinnbringender Betrieb nicht möglich, weshalb der gesamte Betrieb geschlossen wurde.
Die Vermieterin und Beklagte bestritt einen Mangel am Mietobjekt. Das Mietobjekt sei während der gesamten fraglichen Zeitspanne uneingeschränkt und mängelfrei zum Gebrauch überlassen worden und hätte stets zum mietvertraglich gestatteten Nutzungszweck gebraucht werden können. Ein Mangel am Mietobjekt setze in jedem Fall einen konkreten, objektbezogenen Sachverhalt voraus, was vorliegend nicht der Fall sei. Es habe vielmehr eine bundesbehördlich angeordnete Geschäftsschliessung vorgelegen, die in den Risikobereich der Mieterin falle. Ausserdem hätte ihrer Meinung nach die Mieterin jederzeit die Möglichkeit gehabt, mit Zustimmung der Beklagten den Nutzungsweck zu ändern. Die Parteien hätten sich im Mietvertrag zudem ausdrücklich darauf verständigt, dass auch bei einer unmöglichen oder eingeschränkten vertraglichen Nutzung der Mietvertrag weder aufgehoben noch geändert werden könne. Da der Take-Away-Betrieb nicht verboten gewesen sei, habe der Mieter den Betrieb freiwillig ganz geschlossen.
Die Klägerin führte darauf hin aus, das Mietobjekt sei ausdrücklich zum Betrieb eines bestimmten Restaurantkonzepts vermietet worden und eine Nutzungsänderung sei aufgrund der Kosten sowie der Dauer der Massnahmen nicht möglich gewesen.
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II. ENTSCHEID
Im Entscheid hielt das Gericht vorab fest, dass der Gebrauch des Mietobjektes ausdrücklich als Schnellimbiss-Restaurant oder eines gleichwertigen Betriebs vereinbart wurde. Durch die vom Bundesrat angeordnete Schliessung der Restaurants durfte die Klägerin den Take-Away weiterbetreiben. Die Fläche, die grundsätzlich für den Konsum zur Verfügung stehe, konnte jedoch nicht genutzt werden und der Betrieb des Restaurants mit Konsumation vor Ort war nicht möglich. Der tatsächliche Zustand wich somit während der Dauer der Schliessung vom vertraglich vereinbarten Zustand ab.
Die Argumentation der Vermieterin und Beklagten wurde vom Gericht abgelehnt. Aus der teilweise vertretenen und von der Vermieterin geltend gemachten Ansicht, dass lediglich objektbezogene (Beschaffenheit, Zustand, Lage des Mietobjektes etc.), nicht aber betriebsbezogene Einschränkungen einen Mangel im Sinne von Art. 259d OR darstellen, kann nach Ansicht des Gerichts nicht geschlossen werden, dass die durch eine an die Allgemeinheit gerichtete Massnahme bewirkte Einschränkung oder Verunmöglichung einer ausdrücklich vereinbarten Nutzung des Mietobjekts keinen Mangel am Mietobjekt darzustellen vermag. Auch die anderen Argumente liess das Gericht nicht gelten.
Das Gericht hiess die durch die Klägerin geltend gemachte Mietzinsreduktion gemäss Art. 259d OR gut. Zur Festsetzung der Höhe der Mietzinsreduktion hielt das Gericht fest, dass bei einem Rückgang der Gäste und Schliessung der für die Konsumation vorgesehen Fläche Personalstunden an der Kasse, bei der Reinigung und auch in der Küche Kosten eingespart werden. Der Bundesrat sah sodann erleichterte Möglichkeiten der Kurzarbeit vor. Unter diesen Umständen erscheinte bei einer vorübergehenden Schliessung der Konsumationsfläche während zwei Monaten im Frühling 2020 unter Annahme einer massgeblichen Kompensation des Restaurantsgeschäfts durch den Take-Away-Betrieb eine Herabsetzung des Mietzinses um 30% als angemessen.
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III. FAZIT
Während das Mietgericht Zürich im August des letzten Jahres (wie auch das Mietgericht Genf im Juni 2021) noch eine vermieterfreundliche Auffassung bezüglich dieser Thematik vertreten hat, gelangte das Mietgericht Basel-Stadt zu einer anderen, mieterfreundlichen Ansicht. Es bestätigte, dass die behördliche Betriebsschliessung durchaus einen Mangel darstellen kann. Obwohl die Rollenverteilung eine andere war (Zürich: Klägerin = Vermieterin (Begleichung offener Mietzinse); Basel-Stadt: Klägerin = Mieterin (Mietzinsherabsetzung)) und im Gerichtsverfahren jeweils der klagenden Partei die Beweislast obliegt, so kann m.E. für diese Fälle eine massgebliche Relevanz verneint werden.
Übereinstimmend kamen die Gerichte zum Schluss, dass die Bestimmungen zur nachträglichen Unmöglichkeit nach Art. 119 OR nicht zur Anwendung gelangen, weil die behördliche Schliessung nicht dauerhaft war und ebenfalls und dass die Anwendung der «clausula rebus sic stantibus» nicht generell ausgeschlossen ist.
31. März 2022 / MLaw Kim Attenhofer
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