DAS ARBEITSVERTRAGLICHE KONKURRENZVERBOT

Dr. iur. Stephan Fröhlich, Rechtsanwalt, und Sandra Berner, MLaw

Das arbeitsvertragliche Konkurrenzverbot ist in der Praxis nicht mehr nur auf Topmanager bzw. leitende Angestellte beschränkt. Vielmehr ist es vermehrt auch als Bestandteil des Arbeitsvertrages von gewöhnlichen Arbeitnehmern in nahezu allen Branchen zu finden. Es ist daher nicht erstaunlich, dass die Gerichte in zunehmendem Masse mit Fragen rund um das Konkurrenzverbot befasst werden. Dies zunächst, weil das Konkurrenzverbot oft als Instrument verwendet wird, um fähige Arbeitnehmer vor späterer Konkurrenzierung abzuhalten, ohne dass aber die gesetzlichen Voraussetzungen eingehalten werden, bzw. gegeben sind. Dann, weil manche Arbeitnehmer ein Konkurrenzverbot bei Stellenantritt leichthin unterschreiben, da sie die Stelle unbedingt haben wollen und erst bei einem Stellenwechsel seine (unter Umständen) grosse Tragweite erfassen. Mit den nachfolgenden Ausführungen sollen sowohl die Arbeitgeber wie die Arbeitnehmer für das arbeitsvertragliche Konkurrenzverbot sensibilisiert und über dessen Chancen und Grenzen aufgeklärt werden.

I. GEGENSTAND DES KONKURRENZVERBOTES

Das arbeitsvertragliche Konkurrenzverbot nach Art. 340 ff. OR verbietet dem Arbeitnehmer, einer Tätigkeit nachzugehen, die mit der Tätigkeit des Arbeitgebers im wirtschaftlichen Wettbewerb steht. Das Konkurrenzverbot soll verhindern, dass ein ehemaliger Arbeitnehmer unternehmensinterne, geheimhaltungswürdige Informationen zu seinen Gunsten oder zu Gunsten eines neuen Arbeitgebers verwertet und damit den ehemaligen Arbeitgeber wirtschaftlich schädigen könnte. Daraus ergibt sich implizit, dass nur die Kenntnis von Betriebsgeheimnissen, nicht aber persönliche Fähigkeiten des Arbeitnehmers, seine Berufserfahrung oder seine Branchenkenntnisse allein Grund für die Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes sein kann (m.w.H. STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 7. Aufl., 2012, Art. 340 N 12 ff.).

II. VORAUSSETZUNGEN EINES GÜLTIGEN KONKURRENZVERBOTES

Die Voraussetzungen für die Gültigkeit eines arbeitsvertraglichen Konkurrenzverbotes können wie folgt zusammengefasst werden (vgl. STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 7. Aufl., 2012, Art 340 N 4 ff.):

1. Das Konkurrenzverbot ist nur schriftlich gültig und muss damit mindestens die Unterschrift des handlungsfähigen Arbeitnehmers aufweisen.

2. Das Konkurrenzverbot ist nur verbindlich, wenn das Arbeitsverhältnis dem Arbeitnehmer Einblick in den Kundenkreis oder in die Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse gewährt hat

Zu dem durch das Konkurrenzverbot geschützten Kundenkreis des Arbeitgebers zählen nur diejenigen Geschäftspartner, die in mehr oder weniger regelmässigen Abständen Geschäfte mit dem Arbeitgeber tätigen, und zwar über längere Zeit. Der Einblick in eine Kundenliste allein, ohne weitere Informationen oder Kundenkontakte, genügt nicht, um mit dem Arbeitnehmer ein Konkurrenzverbot zu vereinbaren. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung verlangt, dass der Arbeitnehmer persönlichen Kontakt zu den Kunden hat, der es ihm erlaubt, deren Eigenschaften und Bedürfnisse kennenzulernen, so dass er den Kunden leicht gleiche Leistungen anbieten und sie so für sich gewinnen kann (BGE 138 III 67, 81 II 152, 4C.360/2004). Bei den Fabrikations- und Geschäftsgeheimnissen muss es sich um geheimhaltungswürdige Informationen handeln, d.h. um Informationen, welche einerseits geheim sind und die der Arbeitgeber andererseits auch tatsächlich geheim halten will. Nicht geheim und daher auch nicht schützbar ist allgemeines Branchen- und Berufswissen sowie betriebswirtschaftliches Know-how.

3. Voraussetzung für die Gültigkeit des Konkurrenzverbotes ist ferner, dass die Verwendung der geheimhaltungswürdigen Informationen den ehemaligen Arbeitgeber erheblich schädigen könnte.

Der Schaden muss nicht bereits eingetreten sein, es genügt, wenn ein solcher droht. Als Schaden kommt grundsätzlich jeder wirtschaftliche Nachteil in Frage, wobei eine Umsatzeinbusse oder ein Kundenverlust nicht unbedingt vorliegen müssen. Das Bundesgericht bezeichnet „ernsthafte geschäftliche Schwierigkeiten“ als genügend, um das Vorliegen einer erheblichen Schädigung zu bejahen (BGE 103 II 127).

4. Das Konkurrenzverbot darf das wirtschaftliche Fortkommen des Arbeitnehmers zudem nicht unbillig erschweren, namentlich ist das Verbot nach Ort, Zeit und Gegenstand angemessen zu begrenzen.

Bei der Beurteilung über die Angemessenheit des Konkurrenzverbotes sind die Interessen des Arbeitgebers an der Unterlassung einer konkurrenzierenden Tätigkeit gegen die Interessen des Arbeitnehmers auf seine wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeit abzuwägen. Die örtlicheAusdehnung des Konkurrenzverbotes ist in jedem Fall durch den geografischen Geschäftsbereich des ehemaligen Arbeitgebers beschränkt. Ausserhalb dieses Gebietes fehlt es per se an einer Konkurrenzierung und den erforderlichen Interessen des Arbeitgebers. Innerhalb dieses Kreises muss derjenige Teil ausgeschieden werden, in welchem der Arbeitnehmer nicht effektiv tätig war. In Bezug auf die Zulässigkeit der Grösse des Sperrgebiets findet sich bei KMU häufig die Regelung, wonach das Konkurrenzverbot für die ganze Schweiz gelten soll. Diese Ausdehnung ist grundsätzlich unzulässig, wenn die Unternehmung nicht in der gesamten Schweiz tätig ist, da dies faktisch zu einem Berufsverbot führen würde. Zeitlich darf das Konkurrenzverbot gemäss Gesetz nur unter besonderen Umständen die Dauer von drei Jahren überschreiten (Art. 340a Abs. 1 OR). Solche besonderen Umstände liegen insbesondere dann vor, wenn der Arbeitnehmer Einblick in Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse hatte, deren Verwertung den Arbeitgeber auch nach Ablauf von drei Jahren noch erheblich schädigen würde. Hatte der Arbeitnehmer nur Einblick in den Kundenkreis, nimmt das Interesse des Arbeitgebers am Verbot relativ rasch ab. Es besteht nur, bis der Arbeitgeber einen neuen Arbeitnehmer bei der Kundschaft eingeführt hat. Üblicherweise wird in solchen Fällen von einer maximalen angemessenen Dauer von 6 Monaten bis zu einem Jahr gesprochen. Der Gegenstand des Konkurrenzverbotes betrifft die Art der verbotenen konkurrenzierenden Tätigkeit. Konkurrenzierend ist nur eine Tätigkeit, welche der Arbeitnehmer beim ehemaligen Arbeitgeber ausübte bzw. über die er entsprechende Kenntnisse besass. Somit ist die Tätigkeit auf direkte Konkurrenzunternehmen beschränkt.

5. Das Konkurrenzverbot darf nicht wegen Wegfall des erheblichen Interesses, infolge der Kündigungsumstände oder Verzichts dahingefallen sein. Im Gesetz sind die Gründe des Wegfalls eines Konkurrenzverbotes in Art. 340c OR festgehalten. Ein Grund kann das mangelnde Interesse des Arbeitgebers an der Aufrechterhaltung des Konkurrenzverbotes sein. Dies kann dann vorliegen, wenn geheime Informationen nicht mehr geheim sind, weil sie veraltet oder sonst wie allgemein bekannt sind oder weil deren Verwendung den Arbeitgeber nicht mehr schädigen kann. Des Weiteren fällt das Konkurrenzverbot dahin, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ohne begründeten Anlass kündigt oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus einem begründeten, vom Arbeitgeber zu verantwortenden Anlass auflöst. Ein begründeter Anlass liegt etwa vor, wenn die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch ungebührliches Verhalten, Verletzung von Sorgfalts- und Treuepflichten oder ähnlichen Illoyalitäten bei vernünftiger Betrachtungsweise eine Kündigung rechtfertigt. Das Verschulden muss aber nicht derart schwerwiegend sein, dass dies eine fristlose Kündigung begründen würde. Liegt ein beidseitiges Verschulden vor, muss der überwiegende Beitrag ermittelt und so entschieden werden, ob das Konkurrenzverbot bestehen bleibt oder nicht.

Sind die oben genannten Voraussetzungen 1 – 3 nicht erfüllt, ist das Konkurrenzverbot nicht zulässig und nicht weiter zu berücksichtigen. Liegt lediglich ein in örtlicher, zeitlicher und/oder sachlicher Hinsicht übermässiges Konkurrenzverbot vor, ist dieses nicht ungültig. Es kann im Streitfall aber durch den Richter auf das zulässige Mass herabgesetzt werden.

Zu beachten ist, dass Gegenleistungen des Arbeitgebers, wie bspw. eine Karenzentschädigung zur Abdeckung der Folgen eines Konkurrenzverbotes, bei der Beurteilung der Angemessenheit des Konkurrenzverbotes besonders zu berücksichtigen sind. Eine Karenzentschädigung, etwa in Form einer bestimmten Summe oder eines höheren Lohns, entbindet jedoch nicht von der Einhaltung der oben aufgeführten Voraussetzungen (m.w.H. STREIFF/ VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 7. Aufl., 2012, Art 340a N 6).

III. FOLGEN DER VERLETZUNG EINES KONKURRENZVERBOTES

Verletzt der ehemalige Arbeitnehmer ein gültiges Konkurrenzverbot, so hat er dem Arbeitgeber den ihm daraus erwachsenen Schaden zu ersetzen. Falls eine Konventionalstrafe schriftlich vereinbart wurde, so kann sich der Arbeitnehmer mangels anderer Abrede durch Zahlung dieser Strafe vom Verbot befreien (Art. 340b Abs. 2,

Art. 160 Abs. 1 OR). Ob die vereinbarte Höhe der Konventionalstrafe tatsächlich angemessen ist, kann der Arbeitnehmer gerichtlich überprüfen lassen. In jedem Fall bleibt der Arbeitnehmer aber für den die Konventionalstrafe übersteigenden Schaden ersatzpflichtig, sofern ihn ein Verschulden trifft (Art. 161 Abs. 2 OR). Sofern dies im Arbeitsvertrag schriftlich und unzweideutig vereinbart wurde, kann der Arbeitgeber mittels Unterlassungsklage auch die Beseitigung des vertragswidrigen Zustandes verlangen, sofern die verletzten oder bedrohten Interessen des Arbeitgebers und das Verhalten des Arbeitsnehmers dies rechtfertigen. Dies stellt das stärkste Instrument des Arbeitsgebers dar und führt im Erfolgsfall dazu, dass das Gericht den Arbeitnehmer unter Strafandrohung anweist, eine konkurrenzierende Tätigkeit zu unterlassen. In der gerichtlichen Praxis greift eine solche Realexekution jedoch nur in seltenen Fällen (vgl. STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 7. Aufl., 2012, Art. 340b N 8 f.).

IV. FAZIT

Das Konkurrenzverbot im Arbeitsrecht ist ein Instrument, welches die unerlaubte Verwertung unternehmensinterner, geheimhaltungswürdiger Informationen verhindern und so die Interessen des Arbeitgebers schützen soll.

Dieses Ziel widerspricht grundsätzlich den Interessen des Arbeitnehmers, welcher nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses darauf angewiesen ist, seine Fähigkeiten und Kenntnisse auf dem Arbeitsmarkt anbieten zu können.

Die Gültigkeit eines Konkurrenzverbotes hängt daher von einer Reihe von Voraussetzungen ab. Das Gesetz sieht diverse Fälle vor, in denen es entweder ganz dahinfällt oder in denen es durch das Gericht auf ein für den Arbeitnehmer erträgliches Mass herabgesetzt werden kann, damit einher geht ein enormer Ermessensspielraum der Gerichte bei der Beurteilung eines Konkurrenzverbotes.

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22. April 2015 / Dr. iur. Stephan Fröhlich