DER LIZENZVERTRAG (TEIL 2) – GRUNDLAGEN
MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin
Nachdem im Teil 1 der Lizenzvertrags-Reihe die Unterschiede zwischen einem Lizenzvertrag und einer Nutzniessung aufgezeigt wurden, wird nachfolgend auf den Inhalt eines Lizenzvertrags, namentlich die Basisbestimmungen, eingegangen, die in nahezu jedem Lizenzvertrag zu finden sind. Da es sich beim Lizenzvertrag nicht um eine gesetzlich geregelte Vertragsart handelt, sondern um einen sog. Vertrag sui generis, ist umso wichtiger, dass der Lizenzvertrag möglichst umfassend und klar formuliert ist. Enthält der Vertrag nämlich Lücken, besteht viel Spielraum für unterschiedliche Auffassungen und entsprechend unterschiedliche rechtliche Würdigungen. Unsichere Rechtslagen können wiederum zu langen Streitigkeiten mit ungewissem Ausgang führen, was es zu vermeiden gilt.
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I. LIZENZGEGENSTAND
In erster Linie muss bei jedem Lizenzvertrag genau definiert werden, was überhaupt lizenziert werden soll. In Frage kommen dabei insbesondere Immaterialgüterrechte (sog. «echter Lizenzvertrag») wie Patente, Marken, Urheberrechte und Designs, wobei oftmals auch das dazugehörige Know-how (bspw. Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse; sog. «unechter Lizenzvertrag») mitlizenziert wird. Dabei wird dem Lizenznehmer der Gebrauch und die Nutzung des vertraglich vereinbarten Lizenzgegenstands überlassen.
II. LIZENZARTEN
Exklusive (ausschliessliche) Lizenzen gewähren dem Lizenznehmer das ausschliessliche Recht, die lizenzierten Rechte während der vereinbarten Vertragsdauer und im vereinbarten Vertriebsgebiet zu nutzen – kein Dritter (auch nicht der Lizenzgeber) ist in diesem Fall noch berechtigt, den Lizenzgegenstand im vertraglich vereinbarten Umfang zu nutzen. Möchte der Lizenznehmer eine exklusive Lizenz erteilen, aber dennoch die Möglichkeit haben, den Lizenzgegenstand selbst zu nutzen, so liegt eine sog. Alleinlizenz vor. Wenn der Lizenznehmer aber mehreren Personen eine Lizenz erteilen und den Lizenzgegenstand gleichzeitig noch selbst nutzen möchte, so spricht man von einer einfachen Lizenz. Die Art der Lizenzerteilung hat sodann auch massgeblichen Einfluss auf die Höhe der Lizenzgebühr. Grundsätzlich sind für eine exklusive Lizenz höhere Gebühren geschuldet als dies bei einer einfachen Lizenz der Fall ist.
Ergänzend sind noch die sog. Unterlizenz und die Zwangslizenz zu erwähnen. Der Lizenzgeber kann dem Lizenzgeber die Erlaubnis zur Vergabe von Unterlizenzen an Dritte erteilen. Damit kann der Hauptlizenznehmer Dritten ebenfalls Nutzungsrechte am Lizenzgegenstand einräumen. Von einer Zwangslizenz spricht man, wenn die Lizenz von Gesetzes wegen vorgesehen ist (was nur in sehr vereinzelten Fällen vorgesehen ist oder die Lizenz gestützt auf ein richterliches Urteil / einer Verfügung erteilt werden muss).
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III. UMFANG
Wesentlicher Inhalt eines jeden Lizenzvertrages ist die Bestimmung des Umfangs des Lizenzgegenstands. Dieser kann örtlich, zeitlich als auch sachlich beschränkt werden.
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1) Sachlicher Umfang
Der sachliche Umfang definiert die Art und Weise, wie der Lizenzgegenstand konkret genutzt werden darf. Sachlich kann die Lizenz also bspw. nur auf den Vertrieb oder die Herstellung beschränkt werden. Möglich ist auch, dass der Lizenzgegenstand nur in einem bestimmten technischen Anwendungsbereich bzw. nur in einem bestimmten Wirtschaftszweig genutzt werden darf (sog. «field of use Klausel»).
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2) Örtlicher Umfang
Den Vertragsparteien steht es frei, die Lizenz weltweit oder nur für bestimmte territoriale Gebiete zu gewähren, wie bspw. nur die Deutschschweiz, einen Stadtgebietsteil oder nur für bestimmte Länder.
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3) Zeitlicher Umfang
Der zeitliche Umfang bestimmt schlussendlich auch die Vertragsdauer. Grundsätzlich sind beide Parteien an einer möglichst langen Vertragsdauer interessiert; der Lizenzgeber insofern, als er hierdurch eine sichere und langanhaltende Einkommensquelle hat; der Lizenznehmer, weil sich nur so die durch ihn getätigten Investitionen in den Lizenzgegenstand lohnen. Ein unkündbarer Lizenzvertrag kann hingegen nicht ewig abgeschlossen werden, da dies einen zu starken Eingriff in die persönliche Freiheit der Vertragsparteien darstellt. Es gibt aber keine gesetzlich bestimmte zulässige Maximaldauer für Lizenzverträge. Sie hängt vielmehr davon ab, wie intensiv die vertragliche Bindung ist resp. wie stark die Parteien sich durch den Vertrag in ihrer Wirtschaftsfreiheit einschränken und wie das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ausgestaltet ist. Je intensiver die vertraglichen Einschränkungen, desto kürzer ist die zulässige Maximaldauer. Darüber hinaus kann sich eine zeitliche Beschränkung auch aus kartellrechtlicher Sicht aufdrängen, worauf im letzten Teil der Lizenzvertragsreihe näher eingegangen wird. Schlussendlich ist die rechtlich zulässige Maximaldauer eines Lizenzvertrags in jedem Einzelfall individuell zu bestimmen.
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IV. Haftung und Gewährleistung
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1) Gewährleistung
Primär sichert der Lizenzgeber dem Lizenznehmer zu, dass er über den Lizenzgegenstand uneingeschränkt verfügen darf (sog. «Rechtsgewährleistung»). Dies bedeutet insbesondere, dass am Lizenzgegenstand keine Drittrechte bestehen, dieser auch keine Drittrechte verletzt und der Lizenzgeber dazu berechtigt ist, die vereinbarte Lizenz zu erteilen.
Damit verbunden wird in der Regel auch die Zusicherung des Lizenzgebers, wonach er den Lizenznehmer im Falle eines Prozesses materiell und finanziell unterstützen muss oder, dass der Lizenznehmer dem Lizenzgeber im Falle eines Prozesses gegen einen Dritten behilflich sein muss (bspw. durch Herausgabe von Unterlagen, die den Markengebrauch belegen).
Je nach Lizenzgegenstand rechtfertigt es sich, vom Lizenzgeber auch in sachlicher Hinsicht Zusicherungen zu verlangen. Diese können sich beispielsweise auf die technische Verwertbarkeit des Lizenzgegenstands beziehen. Bei (mit-)lizenziertem Know-how sollte sich der Lizenznehmer sodann zusichern lassen, dass dieses nicht allgemein bekannt ist.
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2) Haftung
Wie in jedem Vertrag wird in der Regel auch beim Lizenzvertrag eine Haftungsbeschränkung vorgesehen. So wird die Haftung oftmals auf grob fahrlässig oder absichtlich verursachte Schäden beschränkt, oder es wird eine Haftungslimite vorgesehen. Auch Schäden infolge höherer Gewalt oder indirekte Schäden sind Bestandteil der klassischen Haftungsbestimmungen. Ergänzend sollten die Vertragsparteien eine gegenseitige Informationspflicht im Falle eines Haftungs- oder Gewährleistungsanspruchs vorsehen, sofern nicht mit Sicherheit auszuschliessen ist, dass dieser die andere Vertragspartei tangiert.
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V. Kündigungsrecht
Wird der Lizenzvertrag auf unbestimmte Dauer abgeschlossen (vgl. vorstehend zum zeitlichen Umfang), so sieht der Vertrag in der Regel ein Kündigungsrecht der Vertragsparteien vor. Damit sich die Investitionen von Seiten des Lizenznehmers hingegen lohnen, wird das Kündigungsrecht oftmals mit einer vertraglichen Mindestdauer verbunden. Das heisst, dass der Vertrag bspw. mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten auf das Ende eines Jahres aufgelöst werden kann, erstmals per 31. Dezember eines bestimmten Jahres (bspw. 2030). So sieht der Vertrag eine mehrjährige Mindestlaufzeit vor, in welcher nicht (oder nur unter besonderen Umständen) gekündigt werden kann, bevor das ordentliche Kündigungsrecht überhaupt greift.
Von der ordentlichen Kündigung ist das ausserordentliche Kündigungsrecht zu unterscheiden. Dabei legen die Parteien üblicherweise einen Katalog mit wichtigen Gründen fest, die bei deren Eintritt eine vorzeitige (und zumeist eine fristlose) Kündigung zulassen. Selbst wenn der Vertrag kein ausserordentliches Kündigungsrecht vorsieht und nur für eine bestimmte Dauer abgeschlossen wurde, steht das ausserordentliche Kündigungsrecht beiden Parteien von Gesetzes wegen zu. Diesfalls sind die Gründe allerdings nicht vordefiniert, sondern es muss auf die allgemeine Umschreibung zurückgegriffen werden. Demnach ist eine ausserordentliche Kündigung zulässig, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Wann etwas für eine Partei (aus objektiver Sicht) unzumutbar ist, ist hingegen auslegungsbedürftig und bringt wiederum viel Raum für Rechtsstreitigkeiten mit sich. Die Parteien sind deshalb gut beraten, wenn sie das ausserordentliche Kündigungsrecht vorgängig vertraglich regeln.
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Bei den vorstehend beschriebenen Vertragsklauseln handelt es sich um absolute Basisbestimmungen. Um für genügend Rechtssicherheit zu sorgen, sollten die Vertragsparteien insbesondere auch die gegenseitigen Pflichten regeln, worunter insbesondere auch die Leistung der Lizenzgebühr, allfällige Erhaltungs- und Nutzungspflichten des Lizenzgegenstands sowie vertragliche Vereinbarungen zur Weiterentwicklung und Verbesserung am Lizenzgegenstand fallen.
19. September 2022 / MLaw Simone Kessler, Rechtsanwältin
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