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DIE BEWEISSICHERE ATEMALKOHOLPROBE – GELTEND AB 1. OKTOBER 2016

lic. iur. Stephan Hinz, Rechtsanwalt, und BLaw Sonja Plüss

lic. iur. Stephan Hinz, Mediator SAV und Rechtsanwalt bei Geissmann Rechtsanwälte AG in Baden

Vom Parlament wurde im Rahmen der „Via sicura“ die Einführung der beweissicheren Atemalkoholprobe beschlossen, welche im Strassenverkehr ab 1. Oktober 2016 eingesetzt werden wird. Bereits bisher konnte die Fahrunfähigkeit mit Hilfe einer Atemalkoholprobe durchgeführt werden. Dies genügte bis anhin jedoch nur als Beweis, wenn der Wert unter 0,80 Promille lag und die betroffene Person diesen Wert mit ihrer Unterschrift anerkannte.

In allen anderen Fällen musste die Blutalkoholkonzentration mittels einer Blutentnahme durch einen Arzt bestimmt werden. Ab 1. Oktober 2016 wird nunmehr eine Blutprobe nur bei Verdacht auf Betäubungsmittelkonsum, auf Verlangen des Betroffenen oder in Ausnahmefällen (z.B. bei Atemwegserkrankungen) angeordnet werden. 

Eingeführt wurde die beweissichere Atemalkoholprobe zum einen, weil inzwischen technisch hoch entwickelte Geräte erhältlich sind und zum anderen soll der Ablauf vereinfacht werden (Zeitersparnis und Kosteneindämmung). Die Zeitersparnis ermöglicht es die Kontrollkapazitäten der Polizei zu intensivieren. Des Weiteren muss der betroffene Verkehrsteilnehmer keinen körperlichen Eingriff mehr erdulden.

I. NEUE MESSEINHEIT

Bei einer Atemalkoholprobe wird ein Verkehrsteilnehmer von der Polizei dazu aufgefordert, in ein Röhrchen zu blasen. Dabei wird gemessen, wie viel Alkohol die betroffene Person in ihrer Atemluft hat (Milligramm Alkohol pro Liter Atemluft). Bei einer Blutalkoholprobe hingegen, welche von Seiten der Staatsanwaltschaft angeordnet sein muss (vgl. unser Newsletter vom 21. Dezember 2015 – Verweigerung der Blut- und Urinprobe), wird der betroffenen Person durch einen Arzt Blut entnommen. Hierbei wird ermittelt, wie viel Alkohol der Getestete im Blut hat (Gramm Alkohol pro Kilo Blut – dies entspricht dem „Promille“).

Da neu nun die Blutalkoholprobe nur noch in Ausnahmefällen zum Zuge kommen wird und die Atemalkoholprobe die Regel sein wird, wurden – neben den bereits bestehenden Blutalkoholgrenzwerten – noch eigene Grenzwerte für den Atemalkohol festgelegt. Gemäss dem Bundesamt für Strassen ASTRA wurden die Grenzwerte dabei aber nicht verändert, sondern einzig in einer anderen Messeinheit angegeben. Dabei wird der Wert (in Promille) der Blutalkoholkonzentration einfach halbiert, um so den Wert (in mg/L) einer Atemalkoholprobe zu erhalten. Somit werden folgende Grenzwerte relevant:

Fahren in angetrunkenem Zustand:

Blutalkoholkonzentration ≥ 0,50 ‰ (bisher und weiterhin geltend)

Neuer Grenzwert ab 1.10.2016: Atemalkoholkonzentration ≥ 0,25 mg/L

Fahren mit qualifizierter Alkoholkonzentration (qualifizierter FiaZ):

Blutalkoholkonzentration ≥ 0,80 ‰ (bisher und weiterhin geltend)

Neuer Grenzwert ab 1.10.2016: Atemalkoholkonzentration ≥ 0,40 mg/L

II. UMRECHNUNGSFAKTOR

Durch einen Diffusionsprozess kommt der Alkohol durch das Blut auch in die Atemluft. Die Alkoholkonzentration ist jedoch in der Atemluft geringer als im Blut. Die Atemalkoholkonzentration kann man problemlos in eine Blutalkoholkonzentration umrechnen – hierbei handelt es sich jedoch nur um einen Mittelwert und nicht um einen individuellen Wert. Dies ist problematisch, da dieser Wert zwischen verschiedenen Menschen enorm schwankt. Eine gemessene Atemalkoholkonzentration von 0,4 mg/L, welche einer Blutalkoholkonzentration von 0,8 Promille entsprechen sollte, kann individuell von 0,29 bis 1,31 Promille schwanken. Hierbei gilt es zu bedenken, dass nur der Blutalkoholwert eine effektive Aussage über die Fahrunfähigkeit machen kann, denn es ist die Alkoholmenge im Blut, welche im Gehirn zur entsprechenden Beeinträchtigung und damit Fahrunfähigkeit führt. Somit erscheint es doch eher als fraglich, den Wert der Atemalkoholkonzentration als Grundlage einer strafrechtlich relevanten Norm zu sehen. Dennoch wird dies ab 1. Oktober 2016 so sein.

III. STRAFBARKEIT

Während das Fahren in angetrunkenem Zustand (Blutalkoholkonzentration ≥ 0,50 ‰ / Atemalkoholkonzentration ≥ 0,25 mg/L) gemäss Art. 91 SVG noch mit einer Busse bestraft wird, kann bei der sogenannten „qualifizierten“ Alkoholkonzentration (Blutalkoholkonzentration ≥ 0,80 ‰ / Atemalkoholkonzentration ≥ 0,40 mg/L) gemäss Art. 91 SVG bereits eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe drohen.

IV. DURCHFÜHRUNG DER ATEMALKOHLPROBE

Weiterhin werden Atemalkoholproben mit dem bisherigen AtemalkoholTESTgerät durchgeführt (dies frühestens 20 Minuten nach Ende des Alkoholkonsums). Hierbei sind zwei Messungen erforderlich. Diese dürfen nicht mehr als 0,05 mg/L voneinander abweichen, ansonsten müssen zwei neue Messungen vorgenommen werden. Wird hierbei ein Wert grösser als 0,40 mg/L festgestellt, wird eine weitere Atemalkoholprobe mit einem neuen AtemalkoholMESSgerät durchgeführt (sofern die erste Probe nicht bereits mit diesem erfolgte). Die Polizei ist dabei allfällig verpflichtet, die betroffene Person darauf hinzuweisen, dass sie eine Blutprobe verlangen kann und dass die Anerkennung des Ergebnisses der Atemalkoholprobe die Einleitung massnahme- und strafrechtlicher Verfahren zur Folge hat.

V. FAZIT

Grundsätzlich will der Gesetzgeber diejenigen Fahrzeugführer bestrafen, deren Fahrtüchtigkeit durch übermässigen Alkoholkonsum eingeschränkt ist, da sie andere Verkehrsteilnehmer gefährden. Die Fahrfähigkeit ist dort beeinträchtigt, wo eine bestimmte Menge Alkohol über das Blut in das Gehirn gelangt. Somit ist die Blutalkoholkonzentration der alles entscheidende Wert. Ab 1. Oktober 2016 sieht nun der Gesetzgeber vor, dass die Blutalkoholkonzentrationsmessung in den Hintergrund tritt und dafür die Atemalkoholkonzentrationsmessung den primären zu beachtenden Wert darstellt und als zulässiges Messinstrument für einen qualifizierten FiaZ (Blutalkoholkonzentration ≥ 0,80 ‰ / Atemalkoholkonzentration ≥ 0,40 mg/L) gilt. Dies obwohl die Gefahr besteht, dass Menschen, bei denen aus physiologischen Gründen der Wert vom Mittel abweicht, entweder zu ihren Ungunsten bestraft oder zu ihren Gunsten nicht bestraft werden. Diese Ungereimtheit nimmt der Gesetzgeber vorderhand in Kauf.

TAKE HOME MESSAGE

Gerät nun ein Fahrzeuglenker in eine Polizeikontrolle und es wird ein qualifiziertes FiaZ (Blutalkoholkonzentration ≥ 0,80 ‰ / Atemalkoholkonzentration ≥ 0,40 mg/L) festgestellt, obwohl der Lenker – seines Wissens (aber Achtung vor falscher Selbsteinschätzung) – nur geringe Mengen von Alkohol zu sich genommen hatte sowie das Trinkende relativ nah liegt, sollte er auf jeden Fall auf eine Blutprobe bestehen, um der Gefahr einer „ungerecht“ hohen Strafe, ausgelöst durch eine zu hohe Atemalkoholkonzentration, zu entgehen.

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12. April 2016, lic. iur. Stephan Hinz

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