DIE MARKENPARODIE
Dr. Hanspeter Geissmann, Rechtsanwalt, und Gabriel Hüni, MLaw
Wird eine fremde Marke im Rahmen einer Parodie verwendet, ist dies durch die verfassungsmässige Kunst- und Meinungsäusserungsfreiheit gedeckt und stellt keine Verletzung des Schutzbereiches der Marke dar – so das Konzept der Markenparodie.
Eine eingehende bundesgerichtliche Beurteilung liegt noch nicht vor, was eine genauere Betrachtung dieser Thematik umso interessanter macht.
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I. EINLEITUNG
Der Schutz- und Verbotsanspruch des Markeninhabers muss vom gesellschaftlichen Interesse an freier Kommunikation, insbesondere auch an Humor und Satire, abgegrenzt werden. Mit anderen Worten ist es nicht der Sinn des Markenrechts, den gesellschaftlichen Diskurs zu unterbinden. Dieses Spannungsfeld zwischen privatem Schutzinteresse und öffentlichem Interesse an Humor und Satire zeigt sich deutlich im Umkreis von kulturellen Darbietungen. Kann eine Theatergesellschaft ein Stück mit dem Titel „Superman“ aufführen und dabei auf dem Plakat den geschützten Schriftzug und das Logo mit dem Zeichen „S“ verwenden? Unter welchen Umständen würde eine parodistische Darbietung eine allfällige Marke verletzen?
II. RECHTLICHE GRUNDLAGEN DER (MARKEN-)PARODIE
In Art. 13 des Bundesgesetzes über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (MSchG) wird dem Inhaber einer Marke das Recht zugesprochen, die eingetragene Marke als einziger für die Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen zu verwenden und darüber zu verfügen. Das heisst insbesondere, dass er andern den Gebrauch der Marke verbieten kann. In der Bundesverfassung ist dieses Recht (wie alle Immaterialgüterrechte) geschützt durch die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV).
Im Gegensatz zum Urheberrecht, wo das Recht auf die Parodie im entsprechenden Bundesgesetz selbst festgehalten ist (Art. 11 Abs. 3 URG), besteht für die Markenparodie im Markenschutzgesetz keine solche Regelung. Grundlage für die Markenparodie ist daher direkt das verfassungsmässige Grundrecht auf Meinungsäusserungs und Kunstfreiheit (Art. 16 BV). Da die Bundesgesetze im Sinne der Verfassung auszulegen sind, muss bei der Auslegung des Markenrechts auch die Meinungs- und Kunstfreiheit beachtet werden. Im Gegensatz zu den USA oder Deutschland ist die Markenparodie in der Schweiz jedoch noch nicht vom höchsten Gericht beurteilt worden.
III. DER KENNZEICHENMÄSSIGE GEBRAUCH
Das Markenrecht verbietet nicht jeden Gebrauch des geschützten Zeichens, sondern nur einen kennzeichenmässigen Gebrauch. Mit anderen Worten muss das geschützte Zeichen so verwendet werden, dass eine Drittperson es als Hinweis auf einen Hersteller oder ein Unternehmen auffassen könnte und so die individualisierende Wirkung der Originalmarke durch die entstehende Verwechslungsgefahr beeinträchtigt wird. Wird z.B. das als Bildmarke eingetragene Logo von Superman in einem Zeitungsartikel über denselben abgebildet, ist dies – so kritisch der Artikel auch sein mag – keine Verletzung des Markenrechts, da eine durchschnittliche Person aus dem Zeichen kaum den Schluss ziehen würde, die Zeitung selbst stamme vom Inhaber dieser Marke (nämlich DC Comics mit Sitz in New York). Wird hingegen dasselbe Logo auf der Verpackung eines Spielzeugs angebracht, liegt in der Regel ein kennzeichenmässiger Gebrauch vor.
Markenparodien können an verschiedenen Stellen platziert werden. Wird das fremde Kennzeichen direkt in der Bezeichnung des eigenen Produkts oder der eigenen Dienstleistung parodiert, liegt in der Regel ein kennzeichenmässiger Gebrauch vor. Werden z.B. Hundeaccessoires unter dem Namen „Chewy Vuiton“ vertrieben, ist diese Parodie auf die Marke „Luis Vuitton“ als Produktname natürlich kennzeichenmässig. Offener sind Fälle, in welchen die Markenparodie direkt in die Ware oder die Dienstleistung integriert wird. Der einleitenden Fragestellung folgend ist davon auszugehen, dass wohl kein Zuschauer auf die Idee käme, eine Theaterproduktion stamme vom Markeninhaber DC Comics, nur weil eine als Superman verkleidete Person mit dem bekannten „S“ auf der Brust die Bühne betritt. Wird das Zeichen hingegen auf dem Plakat der Vorstellung abgebildet, liegt wiederum tendenziell ein kennzeichenmässiger Gebrauch vor. Der kennzeichenmässige Gebrauch muss daher jeweils im Einzelfall geprüft werden.
In der Regel ist es der Zweck einer Parodie, als solche erkannt und verstanden zu werden. Folglich besteht oftmals keine Verwechslungsgefahr mit der fremden Marke, und die Parodie ist mangels kennzeichenmässigen Gebrauchs zulässig. Als wortwörtliches Paradebeispiel sind hier die humoristischen Markenabbildungen auf den Basler Fasnachtslaternen zu nennen. Auch bei der Theaterproduktion „Superman“ mit dem geschützten „S“ auf dem Plakat würde es von der Gestaltung im Einzelfall abhängen, ob die Parodie als solche erkennbar und somit zulässig wäre. Vorsicht ist hingegen z.B. bei „bootlegging“ geboten, wo eine Marke speziell so parodiert wird, dass der Unterschied kaum erkennbar ist (z.B. Nestle-Nestlos, Diesel-Esel; Hermès-Homiès).
Der kennzeichenmässige Gebrauch der Marke ist zudem nur für diejenigen Waren und Dienstleistungen geschützt, für die die Marke eingetragen ist. Eine Ausnahme bilden berühmte Marken: deren Schutz geht über die eingetragenen Waren und Dienstleistungen hinaus. Gerade bei Parodien ist dies relevant, da einerseits berühmte Marken besonders zu Parodien reizen, und andererseits eine gewisse Bekanntheit der fremden Marke beim Publikum gerade Voraussetzung einer Parodie ist (vgl. unten).
IV. WAS IST EINE PARODIE?
Soweit die Parodie eine Einschränkung des markenrechtlichen Schutzbereiches rechtfertigen muss, darf sie nicht leichtfertig angenommen werden. Da sie ihre Rechtfertigung aus der Kunst- und Meinungsäusserungsfreiheit bezieht, muss die Parodie dem Publikum eine kritische oder auch unterhaltsame Auseinandersetzung mit der fremden Marke oder deren Hintergrund bieten. Um überhaupt eine humoristische Wirkung entfalten und als Parodie verstanden werden zu können, muss die fremde, parodierte Marke dem Publikum natürlich zumindest ansatzweise bekannt sein. Eine kritische Auseinandersetzung darf auch negative Aussagen beinhalten, wohingegen eine reine Verunglimpfung als Selbstzweck oder ohne Verhältnis zum kulturellen Hintergrund keine Parodie mehr darstellen kann. Ein Plakat zum Theaterstück „Superman“ mit dem geschützten „S“ müsste folglich so gestaltet sein, dass aus dem Plakat selbst der humorvolle oder kritische Kontext des geschützten Zeichens erkennbar wäre. Unter dieser Voraussetzung kann das Zeichen bearbeitet oder unverändert übernommen werden. Demgegenüber wäre eine Filmproduktion mit demselben Titel und dem Logo ohne die kritischen Zusätze wohl eine Verletzung der Markenrechte von DC Comics.
Keinen Schutz verdienen Parodien, welche ausschliesslich einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen. Dazu gehören insbesondere Parodien zwecks Vermarktung eines kommerziellen Produkts oder einer Dienstleistung (Werbung, Flyer, Plakate). Wird z.B. das Superman-Logo als Parodie in einer Werbung für eine Fluggesellschaft verwendet, dient die Parodie nur der Anlehnung an eine bekannte Marke und der Vermarktung der eigenen Produkte oder Dienstleistungen. Dies ist nicht durch die Kunst- oder Meinungsäusserungsfreiheit geschützt. Nach der hier vertretenen Auffassung muss jedoch ein gewisser kommerzieller Kontext möglich sein. So soll die Parodie insbesondere auch kostenpflichtigen kulturellen Darbietungen wie z.B. dem Theater offen stehen. Auch hier soll die Markenparodie möglich sein, solange der parodistische Kontext erkennbar ist und die wirtschaftlichen Interessen nicht der Hauptzweck der Darbietung sind.
V. FAZIT
In einem ersten Schritt ist im Einzelfall zu prüfen, ob überhaupt ein kennzeichenmässiger Gebrauch der Parodie vorliegt. Dies ist bereits bei vielen Parodien nicht der Fall, insbesondere wenn der parodistische Bezug zur Marke erkennbar ist. In einem zweiten Schritt ist nach der hier vertretenen Auffassung abzuklären, ob ein kennzeichenmässiger Gebrauch der fremden Marke im konkreten Kontext eine überwiegend kulturelle Grundlage hat, d.h. ob eine kritische oder unterhaltsame Auseinandersetzung vorliegt, welche allfällige wirtschaftliche Interessen hinter der Darstellung überwiegt. In der Gesamtabwägung müssen die Interessen aus dem Bereich der Kunst- und Meinungsäusserungsfreiheit das Schutzinteresse der Eigentumsgarantie überwiegen.
Zuletzt ist anzumerken, dass das Markenrecht nicht die einzige Schranke solcher Parodien ist, und sich insbesondere aus dem Persönlichkeitsrecht nach Art. 28 ZGB oder einer unnötigen Herabsetzung oder Verunglimpfung gemäss UWG ungewollte Rechtsfolgen ergeben können.
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24. März 2014 / Dr. Hanspeter Geissmann
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