EHE FÜR ALLE AB DEM 1. JULI 2022
lic. iur. Melanie Schmidt, Rechtsanwältin
Unter geltendem Recht können gleichgeschlechtliche Paare ihre Beziehung seit dem Jahr 2007 als eingetragene Partnerschaft anerkennen lassen (Art. 2 des Partnerschaftsgesetzes, PartG). Rechtlich unterscheidet sich die eingetragene Partnerschaft von der Ehe vorwiegend bei der Einbürgerung, der Adoption sowie der Samenspende. So ist die erleichterte Einbürgerung für ausländische Personen in eingetragener Partnerschaft nicht vorgesehen (vgl. Art 20 ff. Bürgerrechtsgesetz, BüG sowie Art. 10 BüG [ordentliche Einbürgerung bei eingetragener Partnerschaft]). Weibliche Paare in eingetragener Partnerschaft haben keinen Zugang zur Samenspende (Art. 3 Abs. 3 Fortpflanzungsmedizingesetz, FMedG) und eine Adoption ist für Personen in eingetragener Partnerschaft nur für die Kinder des Partners oder der Partnerin vorgesehen (Art. 264c Zivilgesetzbuch, ZGB).
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I. GRUNDSATZ
Am 26. September 2021 wurde die Vorlage «Ehe für alle» angenommen. Bereits mit Gültigkeit ab dem 1. Januar 2022 ist Art. 9g Abs. 2 Schlusstitel ZGB in Kraft. Gemäss dieser Bestimmung werden ab dem 1. Januar 2022 im Ausland geschlossene Ehen gleichgeschlechtlicher Paare bereits als solche anerkannt und der für diese Ehen geltende Güterstand übernommen.
Ab dem 1. Juli 2022 können gleichgeschlechtliche Paare heiraten oder ihre eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen. Das Gesuch um Durchführung des Ehevorbereitungsverfahrens kann bereits vor dem 1. Juli 2022 beim zuständigen Zivilstandesamt eingereicht werden. Sodann können ab dem 1. Juli 2022 keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr begründet werden. Gleichgeschlechtliche Paare können, wie heterosexuelle Paare, künftig einzig heiraten (vgl. Art. 2 PartG, welcher per 1. Juli 2022 aufgehoben wird).
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II. UMWANDLUNG EINER EINGETRAGENEN PARTNERSCHAFT
Gemäss Art. 35 Abs. 1 nPartG können eingetragene Partnerinnen und Partner gemeinsam beim Zivilstandesamt erklären, dass sie ihre eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln wollen. Es handelt sich dabei nicht um eine Auflösung der eingetragenen Partnerschaft und einen (Neu-) Abschluss einer Ehe, sondern um eine Umwandlung des bestehenden Instituts. Eine solche Erklärung ist nicht an eine bestimmte Frist gebunden und kann jederzeit erfolgen. Sobald beide Partnerinnen oder Partner die entsprechende Umwandlungserklärung unterzeichnet haben, gelten sie als Eheleute und ihr Zivilstand wird mittels Beurkundung im Zivilstandsregister in «verheiratet» geändert. Ein bestehender Vermögens- oder Ehevertrag bleibt auch nach der Umwandlung weiterhin gültig (Art. 35a Abs. 4 nPartG). Der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung, welcher heute bereits bei der Ehe von heterosexuellen Paaren grundsätzlich zur Anwendung gelangt (Art. 181 ZGB), gilt ab dem Zeitpunkt der Umwandlung (Art. 35a Abs. 3 nPartG). Wird keine Erklärung nach Art. 35 Abs. 1 nPartG abgegeben, wird die bereits bestehende eingetragene Partnerschaft als solche weitergeführt und die entsprechenden Gesetzesbestimmungen des Partnerschaftsgesetzes bleiben anwendbar.
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III. HEIRAT
Das Eherecht ist im zweiten Teil (Familienrecht), erste Abteilung, des Zivilgesetzbuches geregelt. Die Artikel 90 ff. ZGB werden per 1. Juli 2022 sprachlich angepasst. Inhaltlich ändern sich die Ehevoraussetzungen, die Vorbereitung der Eheschliessung und die Trauung nicht. Das bedeutet, dass gleichgeschlechtliche Paare ab 1. Juli 2022 unter den gleichen Voraussetzungen und Modalitäten heiraten können, wie dies bereits unter geltendem Recht für heterosexuelle Paare gilt.
Auch die Artikel 43 ff. des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht, 3. Kapitel (Eherecht), erfahren per 1. Juli 2022 eine sprachliche Anpassung.
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IV. ADOPTION UND SAMENSPENDE
Gemäss Art. 264c ZGB können gleichgeschlechtliche Paare, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, ausschliesslich das Kind ihres Partners/ihrer Partnerin, nicht aber ein Kind von Dritten adoptieren. Die gemeinschaftliche Adoption gemäss Art. 264a ZGB steht bisher nur Ehegatten unter bestimmten, vom Gesetz bezeichneten, Voraussetzungen offen. Durch die neu geschaffene Möglichkeit der Eheschliessung von gleichgeschlechtlichen Paaren, können diese künftig (ab 1. Juli 2022) ebenfalls gemeinschaftlich ein Kind adoptieren.
Gemäss Art. 3 Abs. 3 FMedG dürfen gespendete Samenzellen bisher nur bei (heterosexuellen) Ehepaaren verwendet werden. Da unter geltendem Recht eine Ehe zwischen zwei Frauen noch nicht möglich ist, ist eine Samenspende an ein Paar, das in eingetragener Partnerschaft lebt, ebenfalls nicht vorgesehen. Mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, steht es ab dem 1. Juli 2022 lesbischen Paaren, die eine Ehe schliessen, unter den Voraussetzungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes offen, eine Samenspende zu erhalten.
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V. ERLEICHTERTE EINBÜRGERUNG
Das Bürgerrechtsgesetz (BüG) regelt unter dem Titel «Ordentliche Einbürgerung» die Voraussetzungen bei eingetragener Partnerschaft (Art. 10 BüG). Eine erleichterte Einbürgerung ist nach geltendem Recht für Personen in eingetragener Partnerschaft nicht vorgesehen. Diese steht gemäss Art. 21 BüG bisher nur der Ehefrau eines Schweizers oder dem Ehemann einer Schweizerin offen. Durch das künftige Recht zur Eheschliessung für alle (ab 1. Juli 2022), können auch die gleichgeschlechtlichen Ehepartner von Schweizerinnen und Schweizer von der erleichterten Einbürgerung nach Art. 21 BüG profitieren.
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VI. AUFHEBUNG DER EINGETRAGENEN PARTNERSCHAFT / SCHEIDUNG
Die Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft und die Scheidung einer Ehe ist, gestützt auf die entsprechenden, gesetzlichen Bestimmungen im nPartG und im ZGB nur durch das zuständige Gericht möglich. Die betroffenen Paare haben jedoch, wie bis anhin, die Möglichkeit, die Nebenfolgen der Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft/der Scheidung im gesetzlich vorgesehenen Rahmen in einer Teil- oder Volleinigung eigenständig und einvernehmlich zu regeln. Für diesen Prozess empfiehlt sich in vielen Fällen der Beizug einer rechtlichen Fachperson, die sicherstellen kann, dass die gemeinsam erarbeiteten Regelungen vom Gericht genehmigt werden können. Nur wenn die Parteien sich bezüglich dem Auflösungspunkt/Scheidungspunkt nicht einig sind oder es nicht gelingt, die Nebenfolgen der Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft/der Scheidung einvernehmlich zu regeln, entscheidet der Richter autoritativ im streitigen Verfahren.
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Eine Gegenüberstellung der Gesetzestexte bisher und neu ab dem 1. Juli 2022 finden Sie links unten über den «PDF-Button».
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25. Januar 2022 / lic. iur. Melanie Schmidt
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