TOD DES MIETERS
MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin
Beim Tod handelt es sich um ein unschönes Thema, über das man sich nicht gerne Gedanken macht und folglich auch nicht darüber spricht. Vielen Mietern und Vermietern ist aber nicht bewusst, was beim Tod eines Mieters geschieht bzw. was für Handlungsmöglichkeiten bestehen und inwiefern einem die Hände gebunden sind.
Der vorliegende Artikel soll verschiedene Konstellationen aufzeigen und erläutern, wie in welchem Fall vorgegangen werden kann. Abschliessend werden Möglichkeiten illustriert, wie den entsprechenden Situationen und den damit einhergehenden Problemen vorgebeugt werden kann.
I. KÜNDIGUNGSMÖGLICHKEIT AUF SEITEN MIETER
Der Tod des Mieters beendet das Mietverhältnis nicht. Der Mietvertrag wird automatisch mit den Erben fortgesetzt und diese haften auch für den Mietzins (fällige und künftige Forderungen bis zur Kündigung).
Immerhin gestattet Art. 266i OR den Erben mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten Termin kündigen zu können, was insb. bei Mietverhältnissen mit langer Dauer dienlich ist. Die Erben müssen und können nur gemeinsam kündigen. Wenn ein Vermieter an der Kündigungsberechtigung der Erben zweifelt, müssen diese unter Umständen bei der Schlichtungsbehörde oder dem Gericht einen Erbschein vorweisen.
Sind nicht alle Erben bekannt oder erreichbar, so sollte es für einen einzelnen Erben möglich sein, nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 ff. OR) vorzugehen und so die Kündigung auszusprechen und die Rückgabe der Mietsache zu veranlassen. Die Zulässigkeit ist im konkreten Einzelfall zu prüfen.
II. PROBLEMATIK: GEMEINSAME MIETE
Stirbt bei einer gemeinsamen Miete (zwei oder mehrere Mieter im Mietvertrag) ein Mieter, wird das Mietverhältnis einerseits mit dem / den überlebenden Mieter(n) und andererseits mit den Erben des verstorbenen Mieters weitergeführt. Diese können nur gemeinsam handeln, was einiges an Konfliktpotenzial mitbringt.
Es ist in der Rechtslehre umstritten, wird aber tendenziell bejaht, dass auch in diesen Fällen eine ausserordentliche Kündigung nach Art. 266i OR möglich ist (vgl. Ziff. I).
III. PROBLEMATIK: FAMILIENWOHNUNG
Wenn bei einer Familienwohnung der (alleinige) Mieter stirbt, wird der überlebende Ehegatte (bzw. eingetragene Partner) nicht automatisch Mieter. Der Ehegatte hat keinen Anspruch auf Übertragung des Mietvertrages, es sei denn, er wäre einziger Erbe. Eine Übertragung des Mietvertrages bei Tod des Mieters kann aber parteiautonom im Mietvertrag vorgesehen werden. Im Übrigen muss der überlebende Ehegatte als Erbe dem weiteren Vorgehen bzw. einer Kündigung ebenfalls zustimmen.
IV. KÜNDIGUNGSMÖGLICHKEIT AUF SEITEN VERMIETER
Vermietern steht im Gegensatz zu den Mietern keine vorzeitige Auflösungsmöglichkeit zur Verfügung; im Gegenteil: Art. 271a Abs. 1 lit. f OR bestimmt, dass eine Kündigung wegen Änderungen in der familiären Situation (Todesfall) des Mieters missbräuchlich sein kann, wenn dem Vermieter dadurch keine wesentlichen Nachteile entstehen. Immerhin ist es Vermietern erlaubt, eine Kündigung auszusprechen, wenn ein entsprechender Grund geltend gemacht werden kann, z.B. bei Zahlungsverzug.
Eine Kündigung ist an sämtliche Erben zu richten, was sich als schwierig erweisen kann, wenn überhaupt keine oder nicht sämtliche Erben bekannt sind. Gewissen Lehrmeinungen zufolge soll es aber – in Anwendung des Vertrauensprinzips – möglich sein, dass der Vermieter die Kündigung an die ihm bekannte Adresse des verstorbenen Mieters zustellen darf.
In derartigen Konstellationen steht nach erfolgter Kündigung meist schon bald das nächste Problem vor der Türe: Sofern keine Erben bekannt sind bzw. sich niemand beim Vermieter meldet, wird sich auch niemand zuständig fühlen, die Wohnung nach der verstrichenen Kündigungsfrist zu räumen. Eine eigenmächtige Räumung durch den Vermieter kann zivil- und strafrechtliche Konsequenzen zur Folge haben. Es ist grundsätzlich die Ausweisung beim zuständigen Gericht zu verlangen. Wenn die auszuweisenden Personen nicht bekannt sind, ist von der zuständigen Behörde ein Erbschaftsverwalter einzusetzen, welcher zur Prozessführung für den Nachlass aktiv- und passivlegitimiert ist.
Nur wenn offensichtlich kein Vermögen vorhanden ist und kein objektiv erkennbares Interesse der Erben an der Weiterbenutzung der Mietsache besteht, kann der Vermieter ausnahmsweise nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 ff. OR) die Wohnung räumen. Der Vermieter hat sich jedoch unbedingt vom mutmasslichen Interesse der Erben leiten zu lassen. Es empfiehlt sich, den Zustand der Wohnung und das Inventar beweiskräftig festzuhalten. Allfällige Wertgegenstände sollten vorsichtshalber nicht entsorgt, sondern aufbewahrt werden.
V. PRÄVENTIVE HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN
Gerade für Vermieter von Liegenschaften mit älteren Mietern oder aber von Alterswohnungen kann es sich empfehlen, Klauseln in den Vertrag aufzunehmen, die einen Mietvertrag mit Tod des Mieters beenden lassen. Auch für die Mieterpartei wird dadurch Klarheit geschaffen.
Die hiervor geschilderte Problematik betr. Räumung ist aber auch in diesem Fall noch nicht geregelt. Unter Umständen kann es angezeigt sein, in solchen Fällen nebst der Befristungsklausel auch eine Kontaktperson in den Mietvertrag aufzunehmen. Je nach Ausgestaltung des Vertrages kann bestimmt werden, dass diese zur Räumung berechtigt und oder allenfalls gar verpflichtet ist.
Ferner besteht die Möglichkeit, den Erben eines Mieters auch ein Recht auf fristlose Kündigung bei Tod des Mieters einräumen. So muss nicht die Frist gemäss Art. 266i OR abgewartet werden, was wiederum für beide Seiten von Vorteil sein kann. Aus Praktikabilitätsgründen empfiehlt sich diesbezüglich die Beendigung auf das dem Todestag folgende nächste Monatsende und nicht gleich sofort, so dass den Erben genügend Zeit zur Räumung der Wohnung verbleibt.
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30. November 2018 / lic. iur. Kim Attenhofer
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