WERKVERTRAGLICHE NACHBESSERUNGS ODER DOCH OHNEHIN-KOSTEN? WER HAT FÜR WAS AUFZUKOMMEN?
MLaw Kim Attenhofer, Rechtsanwältin
In baurechtlichen Auseinandersetzungen sind sich die Parteien über das Vorliegen von Ohnehin-Kosten (auch bekannt als Sowieso-Kosten) oder eben Nachbesserungskosten und deren Höhe häufig nicht einig.
Bleiben die Parteien dabei und bleiben auch Vergleichsgespräche erfolglos, bleibt der Weg über die Gerichte. Damit verbunden sind hohe Kosten und eine lange Verfahrensdauer bis die Parteien Gewissheit darüber haben, um was für Kosten es sich handelt und wer folglich dafür aufzukommen hat. Nicht selten werden Gutachter beigezogen, welche den Sachverhalt fachmännisch beurteilen, was die Verfahrenskosten jedoch nochmals in die Höhe treibt.
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I. NACHBESSERUNGSKOSTE
Sind im Rahmen von (Bau-)Werkverträgen sämtliche Voraussetzungen der Gewährleistung gegeben und liegt kein Ausschlussgrund vor, stehen dem Bauherr/Besteller bestimmte Gewährleistungsansprüche bzw. Mängelrechte (Nachbesserung, Minderung, Wandlung, Ersatzvornahme, Ersatz des Mangelfolgeschadens) alternativ zu. Welches Recht zur Anwendung gelangt und ob überhaupt eine Wahl zugunsten des Bauherrn besteht, hängt von den vertraglichen sowie tatsächlichen Gegebenheiten ab. In der Praxis steht die Nachbesserung im Vordergrund.
Der Unternehmer muss das Werk unentgeltlich und somit auf eigene Kosten nachbessern, sofern es an einem Mangel leidet. Zu seinen Lasten gehen auch die Begleitkosten, sprich die Kosten der notwendigen Vorbereitungs- und Wiederherstellungsarbeiten. Von Versicherungen der fehlbaren Unternehmer werden solche Nachbesserungskosten in aller Regel nicht übernommen. Auch dem Bauherrn können diese reinen Nachbesserungskosten nicht überbunden werden. Anders sieht es mit den Ohnehin-Kosten aus (vgl. nachfolgend).
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II. OHNEHIN-KOSTEN
Als Ohnehin-Kosten werden die Kosten bezeichnet, welche bei ordentlicher Planung und Ausführung von Anfang an erkannt worden wären, aber eben unerkannt blieben. Sie fallen an, wenn der Bau korrekt erstellt wird. Sie entstehen regelmässig bei der Nachbesserung, wenn der Unternehmer Leistungen erbringt, die bei ursprünglich mängelfreier Ausführung auch entstanden wären.
Der Bauherr soll durch die Nachbesserung nicht schlechter gestellt werden, als er stünde, wenn der Unternehmer von Beginn weg ein mangelfreies Werk abgeliefert hätte. Umgekehrt soll er jedoch auch nicht davon profitieren, dass der vertragsgemässe Zustand eines Werks erst nachträglich im Rahmen der Nachbesserung auf Kosten des Unternehmers hergestellt wird. Hätte das Werk mehr gekostet, wenn es von Anfang an mängelfrei ausgeführt worden wäre, muss sich der Bauherr im Umfang dieses Mehrbetrages an den Kosten der Mängelbeseitigung beteiligen.
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1. ANWENDUNGSFÄLLE
So verhält es sich beispielsweise, wenn eine zu Einheitspreisen geschuldete Vergütung bei ursprünglich mangelfreier Leistung höher ausgefallen wäre, weil es zur Vermeidung des Nachbesserungsmangels einer grösseren Menge geleisteter Einheiten bedurft hätte oder wenn der Unternehmer eine nach Aufwand zu vergütende Leistung nachbessert, nachdem er sie zunächst in einer anderen Variante als der Vereinbarten ausgeführt hat. War die Leistung, die der Unternehmer für die ursprünglich mangelfreie Herstellung eines Werks hätte erbringen müssen, durch einen vereinbarten Pauschalpreis, allenfalls verbunden mit einer Vollständigkeitsklausel, abgedeckt, bleibt für die Geltendmachung von Ohnehin-Kosten kein Platz.
Gegenüber dem Architekten sind Ohnehin-Kosten Mehrkosten aus falscher, da unvollständiger Planung. Kann dem Architekten ein Verschulden angelastet werden, so haftet er für die Mehrkosten. Hätte den Bauherrn die korrekt erbrachte Vertragsleistung mehr gekostet als die fehlerhafte, muss er sich die Differenz auf den Schaden anrechnen lassen. Fehlt beispielsweise in den Plänen ein Wasseranschluss und muss der Sanitär deshalb nachträglich nochmals bestellt werden, geht der zusätzliche Weg zulasten des Planers. Die eigentliche Arbeit und das Material muss der Planer dem Bauherrn jedoch nicht ersetzen.
Ob es sich um Ohnehin-Kosten handelt, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls, namentlich auch nach dem Inhalt des abgeschlossenen Werkvertrages, allenfalls unter Beachtung einer vereinbarten Bestellungsänderung.
Von Ohnehin-Kosten zu unterscheiden sind Mehrkosten, die dem Unternehmer deshalb entstehen, weil im Rahmen der Nachbesserung seitens Bauherrn eine zusätzliche oder andere Leistung verlangt wird als die Geschuldete. Solche Kosten gehen zulasten des Bauherrn und sie sind gleich zu behandeln wie eine Bestellungsänderung.
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2. INDIREKTE VERMÖGENSVORTEILE?
Denkbar ist die Situation, dass der Bauherr durch die Nachbesserung Vorteile erlangt, die über den behobenen Mangel hinausgehen. Beispielsweise kann eine erst spätere Beseitigung des Mangels zu geringeren Unterhaltskosten oder zu einer längeren Lebensdauer des Werks führen. Es fragt sich also, ob sich der Besteller anteilig an den Verbesserungskosten zu beteiligen hat. Hierfür ist im Einzelfall zu beurteilen, ob ein Vorteilsausgleich dem Bauherrn zumutbar ist und ob ein Ausgleich den fehlbaren Unternehmer nicht unangemessen entlastet. Natürlich darf dem Unternehmer kein Vorteil daraus erwachsen, dass er ein mangelhaftes Werk erstellt und die Mängelbeseitigung hinauszögert. Es fallen eher Fälle in Betracht, in denen sich ein Mangel kaum oder erst nach längerer Zeit zum Nachteil des Bauherrn auswirkt. Diesfalls können Treu und Glauben es gebieten, den Bauherrn, der das Werk zwischenzeitlich ohne grosse Einschränkung gebraucht hat, mit einer Ausgleichsleistung für die durch die Nachbesserung verlängerte Lebensdauer bzw. die ersparten Unterhaltskosten zu belangen.
Eine Ausgleichspflicht ist sodann denkbar, wenn im Zuge einer Nachbesserung ohnehin anfallende Sanierungsarbeiten, die nicht die Mangelbeseitigung betreffen, miterledigt werden oder wenn durch die Nachbesserung bereits abgenutzte Verschleissteile ersetzt werden.
Zu guter Letzt ist der Fall zu erwähnen, bei dem der Unternehmer mit der Nachbesserung gleichzeitig auch einen anderen Werkmangel beseitigt. Auch hier bedarf es für eine Ausgleichspflicht eines effektiven Vermögensvorteils für den Bauherrn.
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3. BEWEISLAST
Regelmässig in der Praxis zu beobachten ist, dass sich ein für einen Mangel belangter Unternehmer oder Architekt auf den Standpunkt stellt, der Bauherr habe den Beweis für die erforderlichen Vorkehren zu erbringen und so die Haftung zu reduzieren bzw. auszuschliessen.
Effektiv ist es so, dass die Beweislast betr. Ohnehin-Kosten beim für einen Mangel haftenden bzw. für die Nachbesserung verantwortlichen Unternehmer bzw. Architekten liegt.
23. September 2024 / MLaw Kim Attenhofer
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